Womit ich nicht gerechnet habe, als ich meinen Mitarbeitern freie Zeiteinteilung ermöglicht habe


Noch lange bevor ich konkrete Gedanken dazu hatte, selbst Unternehmer zu werden und als ich noch in anderen Firmen als Angestellter arbeitete, war mir völlig klar, wie unzureichend die Arbeitszeitmodelle der meisten Unternehmen hinsichtlich Vereinbarkeit mit dem Privat- und speziell dem Familienleben sind. Auch war mir bewusst, welch unschätzbaren Wert es für unsere Gesellschaft bringt, wenn Eltern mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen können, die Möglichkeit haben, ihre Alltag entspannter und ruhiger zu gestalten, und einfach das bisschen Extrazeit haben, die genau das ermöglicht, anstatt zu einer festen Zeit an einem bestimmten Ort sein zu müssen.

Schon früh habe ich mir vorgenommen, wenn ich einmal ein eigenes Unternehmen habe, möchte ich das anders machen. Ich selbst habe mich irgendwann unter anderem auch unter dem Aspekt, meine Zeit freier einteilen zu können, selbständig gemacht und meine ersten Versuche in der Selbständigkeit gemacht. Ich selbst genieße diese Freiheit sehr. Auch wenn ich in vielen Wochen weit mehr arbeite als 40 Stunden, ist es mir dies dennoch wert, da ich entscheiden kann, wann ich diese Stunden in der Woche verplane. Ob es nun um 4 in der Früh ist, um die Mittagszeit oder auch in den späten Abendstunden. Es gelingt mir dadurch, meine Arbeitszeiten besser an meinen persönlichen Biorhythmus anzupassen.

Da ich an mir selbst über die Jahre festgestellt habe, welchen Mehrwert diese freie Zeiteinteilung für die Lebensqualität mit sich bringt, habe ich nie auch nur daran gedacht, diese Möglichkeit nicht auch meinem Team zu bieten. Mittlerweile gibt es in meinem Unternehmen einige Angestellte und vom ersten Tag an haben wir es uns zum Ziel gemacht, die Arbeitszeiten komplett flexibel zu gestalten.

"Kannst du bitte nicht einfach sagen, wann ich da sein soll!?" 

Meine Kolleginnen können mir bis heute jederzeit sagen, wenn sie einmal nicht ins Büro kommen wollen oder können und z.B. lieber vom Home Office aus arbeiten möchten. Niemand soll sich verpflichtet fühlen, einen Tag im Büro verbringen zu müssen, wenn er doch lieber gerade daheim am Balkon arbeiten möchte. Die Erfahrung zeigt, dass alle Teammitglieder an den Tagen, an denen sie im Büro sind, hoch motiviert und leistungsfähig kommen und gerne für unser Unternehmen arbeiten.

Speziell in der Anfangszeit bei der Einstellung der ersten Mitarbeiterin musste ich allerdings auch gegen unerwartete gedankliche Hürden ankommen Die neue Kollegin war diesen Grad der Freiheit in ihrer Zeiteinteilung überhaupt nicht gewohnt und hat mir dann einmal gesagt "Kannst du bitte nicht einfach sagen, wann ich da sein soll!?" :-) Dieselbe Kollegin hat mir im letzten Jahresgespräch mittlerweile gesagt, dass sie ihren Traumjob gefunden hat und sie es unglaublich schätzt, wie gut sie hierdurch Arbeit mit ihrer Familie verbinden kann und somit mehr für ihre Kinder da sein kann.

Ich bin nach wie vor überzeugt, dass wir diesen Weg weitergehen sollen und hoffe, dass auch andere Unternehmen diesen Weg beschreiten und ihren Mitarbeitern mehr Freiheit in der Zeiteinteilung bieten. Natürlich genießen wir das große Glück, dass wir keine offiziellen Öffnungszeiten haben und auch die meiste Kommunikation mit Kunden per E-Mail abläuft. Ich verstehe natürlich, dass es viele Branchen gibt, in denen das nicht der Fall ist, aber es gibt auch viele Betriebe, in denen es keinen logischen Grund gibt für fixe Arbeitszeiten oder auch nur dazu, den Großteil davon im Büro verbringen zu müssen. Wir haben heute tolle technologische Möglichkeiten und sollten davon Gebrauch machen.

Auch denke ich, dass der Einwand vieler Firmen unbegründet ist, die Mitarbeiter würden sich nicht mehr genügend mit dem Unternehmen identifizieren, nicht mehr gut genug kontrollieren lassen oder würden nicht die Leistung bringen, wenn einfach von dort aus arbeiten können, wo sie möchten - ich kann aus meinen Erfahrungen berichten, dass bei uns genau das Gegenteil der Fall ist. Es hat wahrscheinlich mit dem Gesetz der Anziehung zu tun. Wenn wir Mitarbeiter als erwachsene, mündige und gleichgestellte Menschen betrachten, werden sie uns genau das auch entgegenbringen in Form von Loyalität, Leistungsbereitschaft und auch mit starker Identifikation mit dem Unternehmen.

Womit ich nicht gerechnet habe 

Es war immer mein Wunsch, ein familienfreundliches Unternehmen zu führen, das sich an den Bedürfnissen der Menschen, die damit zu tun hat ebenso orientiert wie an wirtschaftlichen Aspekten und war und bin überzeugt davon, dass das eine für das andere sorgen wird und umgekehrt. Mit der Zeit ist allerdings ein positiver Umstand eingetreten, mit dem ich zumindest nicht bewusst gerechnet habe. In der Zwischenzeit bin auch ich Vater geworden und habe es mir zum Ziel gesetzt, mehr Zeit gemeinsam mit meinem Sohn zu verbringen, als es den meisten Vätern wahrscheinlich möglich ist. Dies ginge allerdings wiederum nicht ohne mein brillantes Team, auf die ich absolut zählen kann und die mir wiederum jetzt in dieser so schönen Zeit Arbeit abnehmen, damit ich etwas freigespielt werde und Zeit für mein Kind habe. Kurioserweise habe ich immer im Auge gehabt, meinem Team diese Möglichkeit zu bieten, bei ihren Kindern zu sein, doch habe das für mich nie bewusst gesehen. Erst in der Rückschau ist es mir nun klar vor Augen geführt worden, dass es eben ein Geben und Nehmen in einer wunderbaren Symbiose ist. DANKE!

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